Entscheidungsfreiheit

In meinem heutigen Beitrag möchte ich über ein Thema schreiben, dass mich in den letzten Wochen sehr beschäftigt hat. Es geht um Grenzen setzen, sowohl im Außen als auch im Innern und wie uns dieses Denken in unserem Alltag beeinflusst.

Unsere heutige Gesellschaft ist so frei wie nie zuvor. Uns stehen aufgrund der Digitalisierung fast alle Möglichkeiten für unsere Entwicklung offen und wir können uns überwiegend frei entscheiden, wie wir die Zukunft gestalten möchten. Dieses Privileg der Entscheidungsfreiheit und der Fülle an Möglichkeiten gab es in der Geschichte bislang noch nicht. Bisher waren uns immer Personen oder Einheiten vorgesetzt, die uns den grundsätzlichen Plan für die Zukunft bereitstellten. Und heute liegt die Verantwortung für jegliche Entscheidung bei jedem einzelnen Bürger selbst. Diese enorme Verantwortung für das eigene Leben ist Vorteil und Nachteil zugleich.

Grenzen setzen

In der frühen Menschheitsgeschichte lebten die verschiedenen Stämme und Völker in Gemeinschaften, in denen jede Person seine individuellen Stärken einbrachte. Ob es nun die Nahrungsbeschaffung oder -zubereitung, der Bau von Unterkünften oder das Lehren von Weisheiten war. Dabei lebte man zusammen und half sich gegenseitig. Selbst meine Großeltern und Eltern lebten nur wenige Kilometer auseinander bzw. teilweise auch direkt mit im Haus. Ich hatte daher nicht nur meine Eltern und meinen Bruder als Vorbilder, sondern auch noch meine Großeltern. Die gegenseitige Unterstützung war stets gegeben.

Doch wie ist es heute? Heute haben wir wie bereits beschrieben eine enorme Entscheidungsfreiheit und durch die schnelle Entwicklung in der Digitalisierung stehen uns alle Möglichkeiten offen. Doch irgendwie hemmt uns diese Fülle an alternativem Leben und wir vergessen oft worauf es wirklich ankommt. Denn es sind meist die kleinen Dinge und Selbstverständlichkeiten für die wir dankbar sein sollten. Ich habe in einem vorangegangenen Beitrag bereits ausführlich beschrieben, wofür ich aktuell dankbar bin. Eine Selbstverständlichkeit, die wir heute meist nicht mehr so erleben ist das Gemeinschaftsgefühl.

In meiner Umgebung und meinem Bekanntenkreis denkt man oft nur noch in Grenzen. „Wie kann ich das bereits Erreichte schützen? Wie kann ich mich noch mehr abgrenzen, um meine Bedürfnisse nicht mit Anderen zu teilen, denn ich habe das alles ja selbst geschaffen?“ Vor 30 Jahren jubelten wir über den Fall der Berliner Mauer. Doch ich habe das Gefühl, dass wir uns selbst immer neue Mauern erschaffen. Heute baut man sich um jedes Grundstück einen Zaun und um jede Person ein „Schutzschild“, dass auch niemand die eigene Person in irgendeiner Art und Weise angreifen kann. Denn laut den Medien kann das Böse in jeder Person stecken. Dadurch erbauen wir uns neue Grenzen in Bezug auf andere Menschen.

Ich will das nicht mehr!

Meine Frau Meli und ich möchten diese Entwicklung nicht weiter unterstützen. Klar wir sind aufgrund der Ausbildung auch in andere Städte umgezogen und leben nun viele Kilometer von der eigenen Familie entfernt. Eine Familie besteht unserer Ansicht nach jedoch nicht nur aus Verwandten, sondern aus allen Menschen, die einem guttun und wo man das Gefühl hat angekommen zu sein. Das können Nachbarn, Arbeitskollegen, alte Freundschaften oder weit entfernte Bekannte sein, mit denen man auf einer Wellenlänge agiert.

Dadurch erweitern wir unser Gemeinschaftsgefühl und werden offener für das Leben. Zudem haben wir uns beispielsweise mit anderen Familien in unserer Umgebung zusammengeschlossen, um gemeinsam Einkäufe von biologischen Lebensmitteln zu tätigen. Durch diese Sammelbestellungen können wir den Kapitalismus dahingehend ein wenig aushebeln, indem wir Rabatte auf die großen Bestellmengen erhalten. Es ist zwar nur ein Anfang, aber jeder kleinste gemeinsame Schritt, hilft die Grenzen, die wir uns selbst stecken wieder aufzulösen. Leider ist diese Entwicklung in unserer Gesellschaft nicht zu erkennen. Ganz im Gegenteil erbauen wir uns immer radikalere Formen von Grenzen und stoßen jede Person und jedes Lebewesen aus, dass nicht in unsere Gedankenwelt hineinpasst.

Zukunft gestalten

Meli und ich denken daher oft nach, wie wir unsere Zukunft, insbesondere auch für unsere Kinder gestalten wollen. Wie können wir in einer Welt aufwachsen, in der der Großteil der Menschen in Grenzen denkt und dieser Trend leider auch noch anhält? Wie können wir dem entgegenwirken und anderen Menschen helfen, über ihre Grenzen nachzudenken und sukzessive aufzulösen? Und wie können wir uns dafür einsetzen, wieder ein größeres Gemeinschaftsgefühl unter uns Menschen und Lebewesen zu erhalten?

Meine Vision ist es Gemeinschaften zu bilden, die sich gegenseitig unterstützen. Dabei sollte – wie in früheren Zeiten – jede Person seine individuellen Stärken einbringen und zum Erhalt und dem Wachsen der Gemeinschaft beitragen. Die Kinder werden frei in der Gemeinschaft aufwachsen können und werden so von jeder Person auf irgendeine Art und Weise erzogen. Sie erlernen dann die Fähigkeiten, die sie für richtig halten. Ob es nun der Umgang mit Geld, Kochen, Baukunst, Kräuterkunde, Heilmethoden oder sonstige Themen sind, ist dabei völlig offen.

Diese Gemeinschaften sollten unter dem Credo leben, dass keine starren Grenzen zu bilden sind und jeder willkommen ist, der sich an dieser Art des Lebens beteiligen möchte. Dadurch sollen die Gemeinschaften wachsen bis es kleine Dörfer und auch Städte werden. Die Gemeinschaften sollten überall auf der Welt sein und sich vernetzen. Das Gemeinschaftsgefühl soll demnach immer weiter nach Außen getragen und das Denken in Grenzen aufgelöst werden.

Ich bin mir sicher, dass wir eine Welt kreieren können, wie sie uns gefällt, ganz nach dem Motto von Pippi Langstrumpf!