Schulpflicht in Deutschland
Ich war diese Woche auf einer Informationsveranstaltung einer freien Schule in Berlin. Meiner Frau und mir ist klar, dass wir unsere Kinder hier in Deutschland nicht auf konventionelle Regelschulen schicken wollen. Die dort praktizierten Methoden fördern aus unserer Sicht das Lernen eines Kindes nicht nachhaltig. Ganz im Gegenteil. Die Art der Bildungsweitergabe ähnelt noch sehr stark an die grundlegende Einführung der Schulausbildung zu Zeiten Bismarcks.
Mit unserer Meinung sind wir auch nicht allein. Zahlreiche Neurologen und Neurowissenschaftler, also die Menschen, die fundiert einschätzen können, welche Lernform am Optimalsten ist, sehen die derzeitige Schulbildung insbesondere in der heutigen schnelllebigen Gesellschaft nicht mehr als angemessen an. Als Beispiele können Vera Birkenbihl oder auch Gerald Hüther genannt werden.
Wir möchten, dass unsere Kinder frei, wild und kreativ sind und haben demnach einen solchen Erziehungsstil gewählt. Aufgrund dessen beschäftigen wir uns schon frühzeitig mit dem Thema der schulischen Bildung für unsere Kinder.
Deutschland ist ein Land, in dem vieles reglementiert ist, leider auch das Schulwesen. Es existiert eine Schulpflicht, so dass jedes Kind verpflichtet ist, eine schulische Einrichtung zu besuchen. Die Suche, nach der für unsere Kinder und unseren Erziehungsstil passendsten Schule war somit begonnen.
Freie Schule – Konzept
Das Angebot von Alternativschulen ist in Deutschland vielfältig. Es gibt u.a. Waldorfschulen, Montessori Schulen, demokratische Schulen und eben auch eine freie Schule. In anderen Ländern, in der die Schulpflicht nicht existent ist, besteht zudem die Möglichkeit die Kinder zu Hause zu unterrichten (Homeschooling).
Ein besonderes Merkmal einer freien Schule ist, dass die Kinder keinen vorgefertigten Stundenplan haben, sondern sich ihren eigenen Schultag selbst gestalten können. Sie sind demnach der Schöpfer ihres eigenen Lebens. Dieser Gedanke gefällt mir, denn sobald man selbst die Verantwortung für sein Leben trägt, lebt man bewusster und achtsamer und trifft die für sich selbst richtigen Entscheidungen.
Beim Besuch der Informationsveranstaltung konnte ich erkennen, wie dieses Konzept verinnerlicht und umgesetzt wird und auch wie anders diese Schule im Vergleich zu „normalen“ Regelschulen ist. Beispielsweise werden die Schulräume mit Lernangeboten ausgestattet, z.B. ein Musikraum, eine Werkstatt und Bauraum, eine Sporthalle, ein großer Garten, eine Bibliothek und eine große Anzahl von Ruheräumen.
Wie läuft ein Tag für diese Kinder ab?
Für die Kinder werden ab einer bestimmten Uhrzeit, in diesem Fall 10.00 Uhr, die jeweiligen Lernangebote bereitgestellt. Die Grundschüler haben dann die Möglichkeit lesen, schreiben oder rechnen zu lernen. Sie können Yoga machen, in die Werkstatt gehen oder auch beim Kochen unterstützen. Eben alles was das Herz eines Kindes begehrt. Wenn sie den gesamten Tag nur „spielen“ möchten, dann können sie das auch gern so umsetzen. Die Neurologie und Hirnforscher haben bereits festgestellt, dass das normale Spielen deutlich lernfördernder ist, als sich im Frontalunterricht Wissen anzueignen. Außerdem ist ein Lernen aus der Neugierde und Freude heraus deutlich nachhaltiger als durch auferlegten Zwang.
Zudem besteht kein Leistungsdruck, da keine Noten verteilt werden. Hausaufgaben sowie mögliche Bestrafungen/Sanktionen sind sowieso kein Bestandteil. Die Lehrer nennen sich auf einer freien Schule auch nicht Lehrer, sondern Lernbegleiter, da sie die Kinder in ihrem jeweiligen Lernprozess begleiten.
Wie geht es uns als Eltern dabei?
Selbstverständlich wehrt sich mein Ego (Kopf) noch stark gegen eine solche Art von Schulen, denn man hat ja über 30 Jahre lang andere Ansichten eingeimpft bekommen. Und gerade deswegen will ich aktiv werden. Ich möchte meinen Kindern die schulische Ausbildung geben, die sie am meisten fördert. Die Stärken sollen gestärkt und die Schwächen minimiert werden. In Regelschulen ist dies aufgrund des festgelegten Lernplans und meist großen Klassenverbänden nicht ausreichend gegeben.
Doch können meine Kinder auf freien Schulen, auch anerkannte Schulabschlüsse erwerben oder sind sie eventuell nicht so gut gebildet im Vergleich zu anderen Schülern? Eine Lernbegleiterin auf der Informationsveranstaltung gab mir dazu die passende Antwort. Ihr ältestes Kind hat im vergangenen Jahr den mittleren Schulabschluss (nach der 10. Klasse) an einer freien Schule erfolgreich absolviert und geht nun das Abitur an einer Regelschule an. Nach ein paar Tagen auf einer solchen Schule äußerte das Kind gegenüber seiner Mutter die folgenden Eindrücke: „Ich verstehe diese Regelschulen nicht. Die Schüler sitzen auf ihren Stühlen, spielen dabei mit den Handys und vorne steht ein Lehrer und erklärt gewisse Sachverhalte.“ Ihr Kind ist daher nach ein paar Tagen mitten im Unterricht aufgestanden und gegangen und wurde gemäß dem Regelwerk der Schule für sein Handeln getadelt. Das Kind äußerte sich jedoch weiter: „Was soll ich denn auf dieser Schule? Das was die Lehrer in 8 Stunden versuchen den Schülern beizubringen, kann ich zu Hause in einer halben Stunde erlernen.“
Und genau das ist es, was eine freie Schule ausmacht. Die Kinder werden kreativ, haben Spaß am Lernen, sind nicht verschlossen oder ängstlich Neuem gegenüber, sind sozialer und vor allem der Schöpfer ihres Lebens. Mein Sohn wird in zwei Jahren eingeschult und derzeit sehe ich das Konzept einer freien Schule als das Beste für ihn an!
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